Freitag, 27. September 2019

Spürst du den Schmerz – oder lebst du schon?



Herr Müller kam zu mir mit starken Schmerzen in die Physiotherapiepraxis. 
Er war deprimiert! 
Wegen der Schmerzen – klar! 
Aber zusätzlich wegen der Behandlung bei seinem Arzt. 
Nach dem dieser nicht einmal genug Zeit hatte sich die Schmerzsituation von Herrn Müller genau anzuhören, sagte der Arzt: 
„Ja, wenn Sie morgen aufwachen und keine Schmerzen mehr haben, dann sind Sie tot.“ 

Ich war entsetzt! 
Soll es etwa normal sein, dass man Schmerzen hat? 
Soll man sich einfach damit abfinden, dass man nichts gegen die Schmerzen tun kann? Gewöhnt man sich irgendwann an die Schmerzen?

Ich sage ganz klar – NEIN!

Um heraus zu finden, was du gegen deine Schmerzen tun kannst, musst du erst  in deinen Körper hineinspüren. Denn die Eigenschaft und die Qualität des Schmerzes verrät ganz viel über die Ursache, wo der Schmerz herkommt. Und dann kannst du auch gezielt etwas für deinen Körper tun, damit du wieder schmerzfrei wirst.

Dehnschmerz

Wenn ein verspannter oder verkürzter Muskel in die Länge gezogen wird, dann verspürst du einen ziehenden Schmerz, so als wenn ein Gummiband übermäßig auseinander gezogen wird. Das kann z.B. bei ungewohnten Bewegungen, beim Umknicken oder auch bei Dehnungsübungen passieren. Verspannungen ergeben sich oft aus Fehlhaltung oder einseitiger Belastung. Wenn diese für längere Zeit bestehen bleiben, kann sich der Muskel sogar so verkürzen, dass er sich nicht ohne weiteres wieder auf Länge bringen lässt.

Muskelkrampf

Ein Muskelkrampf kann richtig fiese Schmerzen auslösen. Sicherlich hast auch du schon einmal bei einem Wadenkrampf zu spüren bekommen, wie sich das anfühlt. So wie der Wadenmuskel kann jeder andere Muskel im Körper verkrampfen, doch oft nehmen wir diesen Schmerz nicht als Muskelkrampf wahr. Das kann z.B. bei Kälte, Überlastung oder Fehlhaltung passieren. Bei einem Muskelkrampf ist der Muskel so in der Aktivität gefangen, dass er einfach nicht wieder locker lassen kann und dadurch auch nicht mehr optimal durchblutet wird.

Nervenschmerzen

Die Nervenbahnen in unserem Körper reagieren sehr empfindlich auf Druck, Zug und Entzündungsprozesse. Wenn z.B. ein Nerv durch einen verspannten Muskel so gedrückt wird, dass er nicht mehr genug Platz hat, kann das ausstrahlende, brennende Schmerzen verursachen. Bestimmt hast du dich schon einmal am „Mäuschen“ gestoßen. Das ist die empfindliche Stelle am Ellenbogen, wo der Unterarmnerv sehr oberflächlich und ohne schützendes Fettgewebe verläuft. 
Und genau dieser Schmerz fühlt sich doch ganz anders an als ein Wadenkrampf – oder?
Sicher, das tut alles weh, aber wenn du genau hineinspürst, fühlst du den Unterschied. Und das ist entscheidend für die Wahl der Gegenmaßnahme, damit du nicht irgendetwas, sondern genau das Richtig gegen deine Schmerzen unternehmen kannst.

Beweglichkeit

Für mehr Beweglichkeit ist Dehnung genauso wichtig wie Kräftigung. Gehe bei ungewohnten oder eingeschränkten Bewegungen immer bis an die Schmerzgrenze, aber nicht darüber hinaus. So forderst du den Körper auf, an dieser Stelle wieder mehr Bewegung zuzulassen. Wenn du die schmerzhafte Bewegung vermeidest, wird die Bewegungseinschränkung immer stärker.

Muskelentspannung

Einen verkrampften Muskel kannst du gut mit Dehnung und Wärme entspannen. Bei einem Wadenkrampf hilft es oft schon, sich auf den betroffenen Fuß zu stellen. Damit wird der Fuß durch das Körpergewicht in die Dehnstellung gebracht und der Muskel kann sich wieder entspannen. Damit der Wadenmuskel nicht wieder verkrampft, machst du regelmäßig eine Wadendehnübung. Für eine genau Anleitungen zu Dehnungsübungen, schau auf meinen You-Tube-Kanal: "Wadendehnung" bei holistische Physiotherapie.
Alles, was Wärme an die Muskulatur bringt, sorgt für Entspannung. Das kann eine heiße Dusche, ein Bad, Sauna, eine Wärmfasche, ein Heizkissen, ein Wolltuch oder  ein durchblutungsförderndes Öl (z.B. Chili-Öl) sein.

Die Nerven liegen blank

Die Nerven zu beruhigen ist wohl etwas schwieriger. Wenn du eine Entzündung und deshalb Schmerzen hast, dann ist an der betroffenen Stelle auch meist eine Schwellung, Rötung und Wärmeentwicklung der Haut zu erkennen. Ein alt bewehrtes Hausmittel gegen Entzündung ist Quark. Dieser zieht die Hitze aus der betroffenen Stelle und kühlt somit nachhaltig. Den Quark auf die betroffene Stelle auftragen, mit einem Stofftuch abdecken und ca. 1 Stunde einwirken lassen, bis der Quark ganz warm und trocken ist. Das ist natürlich nicht für jede Körperregion geeignet, aber z.B. für eine Entzündung in einem Gelenk perfekt.
Wenn ein Nerv durch verspannte oder verkürzte Muskeln so irritiert wird, dass er Schmerzen meldet, ist natürlich wieder Dehnung das Mittel der Wahl. Bei einer Dehnungsübung werden die gesamten Strukturen eines Muskels auf Länge gebracht. Dazu gehören die Muskelfasern, die Faszie (die Muskelhülle), die Sehne und der Nerv. Dehnung beeinflusst also die Muskulatur und die Nerven gleichermaßen.

Körperwahrnehmung

Nimm dir Zeit für dich – für deinen Körper und erspüre, wie sich dein Schmerz anfühlt. 
Und dann tu etwas dagegen!
Und zwar etwas, was deinem Körper und deiner Gesundheit wirklich hilft.
Für ein langes und gesundes Leben wünsche ich dir eine schmerzfreie Zeit!

Deine Andrea

PS: Herr Müller ist ein frei gewählter Name, da ich die Privatsphäre meiner Patienten natürlich schütze!


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